[08.05.2014] Buch­vor­stel­lung und Dis­kus­si­on “Recht auf die Stadt” mit Dani­el Mul­lis

Die sozia­len Revol­ten der letz­ten drei Jah­re von Kai­ro über Athen und New York bis nach Istan­bul sowie die zuneh­men­den Aus­ein­an­der­set­zun­gen um Wohn­raum, Frei­räu­me und Gestal­tungs­rech­te in vie­len Städ­ten, haben welt­weit – erneut – den Ruf nach einem Recht auf die Stadt laut wer­den las­sen. Dabei wird oft­mals expli­zit auf den fran­zö­si­schen Mar­xis­ten, Stadt­for­scher und Phi­lo­so­phen Hen­ri Lefeb­v­re Bezug genom­men. Der undog­ma­ti­sche Mar­xist des 20. Jahr­hun­dert, der in sei­nen Arbei­ten einen sym­pa­thi­schen Spa­gat zwi­schen Theo­rie und Pra­xis ver­such­te und dabei dar­auf bedacht war, die­se Aspek­te nicht getrennt zu den­ken, ent­warf in sei­nen unzäh­li­gen Schrif­ten einen Theo­rie­kom­plex, der auf gesell­schaft­li­che Bewe­gung und Pra­xis reagiert, sie vor­weg­nimmt und gar in eman­zi­pa­to­ri­scher Wei­se beför­dern soll­te.

Recht auf die Stadt ist bei Lefeb­v­re somit weit mehr als der Kampf um die aktu­el­le Stadt. Doch was steht hin­ter die­ser 1968 aus­ge­ru­fe­nen Paro­le, wie ist sie in Lefeb­v­res Ideen zu Stadt und Raum ein­ge­bun­den, was kön­nen sei­ne Kon­zep­te heu­te noch leis­ten und wel­che eman­zi­pa­to­ri­schen Per­spek­ti­ven bie­ten sie? Die­sen Fra­gen wird aus­ge­hend von der Kon­fron­ta­ti­on Lefeb­v­res mit dem Ansatz der radi­ka­len Demo­kra­tie nach Ernes­to Laclau und Chan­tal Mouf­fe nach­ge­gan­gen, um dar­aus Ant­wor­ten für ein akti­vis­ti­sches und pra­xis­ori­en­tier­tes Recht auf die Stadt zu gewin­nen.

Dani­el Mul­lis stu­dier­te nach einer Berufs­aus­bil­dung in Bern und Frankfurt/M. Geo­gra­phie und Geschich­te. Er beschäf­tigt sich ins­be­son­de­re mit der Neo­li­be­ra­li­sie­rung des Städ­ti­schen, poli­ti­scher Theo­rie und sozia­len Bewe­gun­gen. Der Autor ist aktiv in poli­ti­schen Zusam­men­hän­gen, die sich mit Stadt- und Kri­sen­po­li­tik befas­sen, sowie im AK Kri­ti­sche Geo­gra­phie.

[24.4.2014] Hen­ri Lefeb­v­re “Die Revo­lu­ti­on der Städ­te” – Buch­vor­stel­lung mit Klaus Ron­ne­ber­ger anläss­lich der Neu­aus­ga­be

Die Bedeu­tung Hen­ri Lefeb­v­res ver­dank­te sich einer spe­zi­fi­schen his­to­ri­schen Kon­stel­la­ti­on: In den sech­zi­ger Jah­ren galt der fran­zö­si­sche Phi­lo­soph im deutsch­spra­chi­gen Raum zunächst als Kri­ti­ker eines rigi­den Par­tei­kom­mu­nis­mus. Sein Rück­griff auf die Früh­schrif­ten von Marx mach­te ihn anschluss­fä­hig an eine »huma­nis­ti­sche« Kapi­ta­lis­mus- und Kul­tur­kri­tik, der es vor allem um die Ent­frem­dungs­pro­ble­ma­tik ging. Ver­traut mit den The­sen der Kri­ti­schen Theo­rie zur Kul­tur­in­dus­trie, erga­ben sich für vie­le Intel­lek­tu­el­le Anschluss­mög­lich­kei­ten an die Refle­xio­nen von Lefeb­v­re. Sei­ne Wie­der­ent­de­ckung erfolg­te im Kon­text des »spa­ti­al turn« und dem damit ver­bun­de­nen ver­stärk­tem Inter­es­se an räum­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen. Unter Aus­blen­dung sei­ner revo­lu­ti­ons­theo­re­ti­schen Ambi­tio­nen gilt Hen­ri Lefeb­v­re als Vor­den­ker einer Raum­vor­stel­lung, die zum fes­ten Bestand­teil des sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Wis­sens gehört.

Hen­ri Lefeb­v­re (1901 – 1991), war Pro­fes­sor für Sozio­lo­gie an den Uni­ver­si­tä­ten von Straß­burg und Nan­terre. Er gilt als einer der »Väter« der Pari­ser Stu­den­ten­un­ru­hen im Mai 1968.

Klaus Ron­ne­ber­ger, gebo­ren 1950, stu­dier­te Sozi­al­päd­ago­gik, Kul­tur­wis­sen­schaft und Sozio­lo­gie. Er war lang­jäh­ri­ger Mit­ar­bei­ter des Insti­tuts für Sozi­al­for­schung in Frank­furt a. M. und arbei­tet dort heu­te als frei­er Publi­zist.