[18.6.2015 — 20 Uhr] Peri­phe­rie und Ungleich­zei­tig­keit. Pier Pao­lo Paso­li­ni, Hen­ri Lefeb­v­re und Jac­ques Tati als Kri­ti­ker des for­dis­ti­schen All­tags

 

Borgate

Buch­vor­stel­lung und Dis­kus­si­on mit Klaus Ron­ne­ber­ger

Auf den ers­ten Blick mag es abwe­gig erschei­nen, einen Ver­gleich zwi­schen dem Schrift­stel­ler und Fil­me­ma­cher Pier Pao­lo Paso­li­ni, dem Phi­lo­so­phen und Raum­theo­re­ti­ker Hen­ri Lefeb­v­re sowie dem Regis­seur und Sati­ri­ker Jac­ques Tati anzu­stel­len. Beim nähe­ren Hin­se­hen lässt sich jedoch zwi­schen den drei Intel­lek­tu­el­len eine Rei­he von Gemein­sam­kei­ten und the­ma­ti­schen Über­schnei­dun­gen ent­de­cken. Im Kern geht es ihnen um eine grund­le­gen­de Kri­tik an der (for­dis­ti­schen) Nach­kriegs­mo­der­ne. Dabei spie­len die Phä­no­me­ne Peri­phe­rie und Ungleich­zei­tig­keit eine wich­ti­ge Rol­le. Paso­li­ni, Lefeb­v­re und Tati ver­han­deln das Absei­ti­ge und Mar­gi­na­le nicht nur unter dem Gesichts­punkt von Unter­drü­ckung und Dis­kri­mi­nie­rung, son­dern auch im Sin­ne eines sub­ver­si­ven Poten­ti­als.

Klaus Ron­ne­ber­ger, gebo­ren 1950, stu­dier­te Sozi­al­päd­ago­gik, Kul­tur­wis­sen­schaft und Sozio­lo­gie. Er war lang­jäh­ri­ger Mit­ar­bei­ter des Insti­tuts für Sozi­al­for­schung in Frank­furt a. M. und arbei­tet dort heu­te als frei­er Publi­zist.

Der Ein­tritt ist wie immer frei. Für Geträn­ke ist gesorgt.

[8.4.2015] Buch­vor­stel­lung — Dani­el Ben­saïd “Wal­ter Ben­ja­min. Links des Mög­li­chen” — 20 Uhr

Der mar­xis­ti­sche Phi­lo­soph und Akti­vist Dani­el Ben­saïd (1946–2010) führt 1990 — kurz nach dem Fall der Mau­er — einen fik­ti­ven Dia­log mit Wal­ter Ben­ja­min über das Ver­hält­nis von jüdi­schem Mes­sia­nis­mus und Revo­lu­ti­on. Die Lek­tü­re Ben­ja­mins durch Ben­saïd bricht mit der ortho­do­xen phi­lo­lo­gi­schen Ben­ja­min­re­zep­ti­on und stellt einen poli­ti­schen Ben­ja­min vor, der not­wen­di­ge Ansatz­punk­te zur Refor­mu­lie­rung eines revo­lu­tio­nä­ren und stra­te­gi­schen Den­kens in einer Peri­ode der Nie­der­la­ge lie­fert, als der Neo­li­be­ra­lis­mus zu tri­um­phie­ren schien und unvor­sich­ti­ger­wei­se das Ende der Geschich­te ver­kün­de­te.

Im Dia­log mit Wal­ter Ben­ja­min for­dert Ben­saïd, sich dem jüdi­schen Mes­sia­nis­mus und dem Ereig­nis zu öff­nen, sich an die Besieg­ten der Geschich­te zu wen­den, um sie in die Kräf­te der zukünf­ti­gen Revo­lu­ti­on zu inte­grie­ren. Ben­saïd ermun­tert uns, auf den Moment zu lau­ern, wo die revo­lu­tio­nä­re Abwei­chung mög­lich wird, und selbst zu revo­lu­tio­nä­ren Wäch­tern zu wer­den.
Ben­saïd gehör­te in Frank­reich zu den zen­tra­len Per­so­nen der radi­ka­len Lin­ken. Er war ein beschwing­ter Phi­lo­soph, der den Mar­xis­mus auf einer sub­jek­ti­vis­ti­schen Grund­la­ge fort­schrieb, und ein uner­müd­li­cher Akti­vist, der an allen poli­ti­schen und sozia­len Aus­ein­an­der­set­zun­gen von den Anfän­gen des Mai 68 bis in sei­ne letz­ten Lebens­mo­na­te betei­ligt war. Eben­so war er ein poe­ti­scher Schrift­stel­ler, des­sen Tex­te alle Gen­re­gren­zen durch­bre­chen. Er hin­ter­lässt ein Werk von drei­ßig Bän­den, von denen bis­her wenig ins Deut­sche über­setzt wur­den. Dar­un­ter befin­den sich phi­lo­so­phi­sche Ent­wür­fe, scharf­sich­ti­ge Ana­ly­sen und Gebrauchs­tex­te für den poli­ti­schen All­tag.

Elfrie­de Mül­ler und Kers­tin Schoof wer­den dia­lo­gisch das im März 2015 erschie­ne­ne Buch und sei­nen Autor vor­stel­len.

Der Ein­tritt ist frei. Für Geträn­ke ist gesorgt.