[19.2.2019 — 20 Uhr] Kön­nen Stei­ne spre­chen? Archi­tek­tur­ge­schich­ten aus Frank­furt — Buch­vor­stel­lung und Dis­kus­si­on

„Es spielt sich in der Kunst ein Klas­sen­kampf ab, am sicht­bars­ten natür­lich in der Archi­tek­tur, und ein Schlacht­feld die­ses Klas­sen­kampfs ist jedes ein­zel­ne Bau­werk.“

Als Adolf Beh­ne dies 1931 schrieb, kam die Fra­ge nach Flach­dach oder Spitz­dach noch einem poli­ti­schen Bekennt­nis gleich. Auch im sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Frank­furt der 1920er Jah­re wur­de die­ser Kampf laut­stark und mit ver­gleich­ba­rem Pathos geführt. Mit der Errich­tung der Sied­lun­gen des Neu­en Frank­furt unter Ernst May wur­de die Kon­flikt­li­nie aller­dings vor die Tore der Stadt ver­scho­ben, wäh­rend die inner­städ­ti­schen Ter­rains prak­tisch unan­ge­tas­tet blie­ben.

Eine bemer­kens­wer­te Aus­nah­me bil­de­ten zwei Bau­ten, die damals im Umfeld der Uni­ver­si­tät ent­stan­den: Das ers­te Insti­tut für Sozi­al­for­schung sowie das Gebäu­de der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Wochen­zeit­schrift „Volks­stim­me“, bei­de inzwi­schen zer­stört. Im wei­tes­ten Sin­ne las­sen sie sich als Gegen­bau­ten zu den Grün­der­zeit­ge­bäu­den ver­ste­hen, die in Form und Inhalt nach einer neu­en Reprä­sen­ta­ti­on poli­ti­scher Herr­schaft such­ten. Jür­gen Schardt rekon­stru­iert in sei­nem Vor­trag die Kon­flik­te hin­ter die­sen Archi­tek­tu­ren und ent­zif­fert dabei eine Geschich­te, die immer noch Über­ra­schun­gen bereit­hält.

Jür­gen “Char­lie” Schardt stu­dier­te Gesell­schafts­wis­sen­schaf­ten an der Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank­furt und pro­mo­vier­te dort anschlie­ßend in Human­geo­gra­phie. Arbeits­schwer­punk­te: mate­ria­lis­ti­sche Gesell­schafts- und Archi­tek­tur­kri­tik, Geo­gra­phien sozia­ler Ungleich­heit sowie prak­ti­sche Inter­ven­tio­nen in die städ­ti­sche Poli­tik.

[29.1.2019 — 20 Uhr] Ein jüdi­scher Revo­lu­tio­när unter Wehr­machts­sol­da­ten — Buch­vor­stel­lung mit Wla­dek Flakin

«Arbei­ter und Sol­dat» war eine deutsch­spra­chi­ge Zei­tung für Wehr­machts­sol­da­ten im besetz­ten Frank­reich. Die «Werk­tä­ti­gen in Uni­form» wur­den auf­ge­for­dert, sich in gehei­men Zel­len zu orga­ni­sie­ren, «Kurs auf die Revo­lu­ti­on» zu neh­men und ihre Waf­fen gegen die Nazis zu dre­hen. Meh­re­re Dut­zend Sol­da­ten am Kriegs­ha­fen von Brest bil­de­ten sol­che Sol­da­ten-Komi­tees. Der Redak­teur die­ser Zeit­schrift war ein Ber­li­ner Jude, den sei­ne Genos­sen «Vik­tor» nann­ten. Kurz vor der Befrei­ung von Paris wur­de Vik­tor von der Gesta­po ─ gleich zwei­mal ─ erschos­sen.

Der Autor Wla­dek Flakin erzählt in die­ser Bio­gra­fie von einem anfäng­lich zio­nis­ti­schen Jugend­ka­der in Ber­lin, der im bel­gi­schen und fran­zö­si­schen Exil zu einem füh­ren­den Mit­glied der trotz­kis­ti­schen Vier­ten Inter­na­tio­na­le wur­de. Selbst sein genau­er Name war bis vor Kur­zem noch unbe­kannt. Inzwi­schen weiß man, dass sein Name Mar­tin Monath war. In Ber­lin-Kreuz­berg erin­nert nun ein Stol­per­stein an ihn.

Die beweg­te und bewe­gen­de Geschich­te erlaubt bis­lang unbe­kann­te Ein­bli­cke in den inter­na­tio­na­lis­ti­schen Wider­stand wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges, die uns wich­ti­ge Leh­ren für den Kampf gegen den Faschis­mus heu­te ver­mit­teln kön­nen. Bei der inter­ak­ti­ven Buch­vor­stel­lung wird Wla­dek Flakin aus der Bio­gra­phie vor­le­sen, und auch das Publi­kum wird ein­ge­bun­den.

Der Ein­tritt ist frei.

Wla­dek Flakin: «Arbei­ter und Sol­dat». Mar­tin Monath: Ein Ber­li­ner Jude unter Wehr­machts­sol­da­ten. 1. Auf­la­ge 2018. Schmet­ter­ling Ver­lag, Stutt­gart. 196 Sei­ten.

[6.12.2018 — 20 Uhr] NEH­MEN WIR UNS DIE STADT! Paris, Turin, Han­no­ver: 1968 als urba­ne Revol­te

© Stif­tung Haus der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land

Vor­trag von Klaus Ron­ne­ber­ger

Erstaun­li­cher­wei­se fin­den die urba­nen Wur­zeln der 68er-Bewe­gung bei den Retro­spek­ti­ven im Jubi­lä­ums­jahr kaum Beach­tung. Dabei spiel­ten damals Pro­tes­te gegen Fahr­preis­er­hö­hun­gen, Kam­pa­gnen gegen die kapi­ta­lis­ti­sche Sanie­rungs­po­li­tik und die Pra­xis der Haus­be­set­zun­gen eine wich­ti­ge Rol­le. Der Kampf für eine „ande­re Stadt“ war wich­ti­ger Bestand­teil der sozia­len Aus­ein­an­der­set­zun­gen.

Dr. Klaus Ron­ne­ber­ger, gebo­ren 1950, stu­dier­te Sozi­al­päd­ago­gik, Kul­tur­wis­sen­schaft und Sozio­lo­gie. Er war lang­jäh­ri­ger Mit­ar­bei­ter des Insti­tuts für Sozi­al­for­schung in Frank­furt a. M. und arbei­tet dort heu­te als frei­er Publi­zist.

Der Ein­tritt ist — wie immer — frei.